Nachdem schon die Fahrt in den sächsischen Landtag mit den damals noch neunten Klassen so gut funktioniert hat, wagte sich Frau Falk mit uns nun erneut in ein politisches Zentrum. Doch dieses Mal ging es sprichwörtlich nach ganz oben, nämlich in den Bundestag nach Berlin, und zwar mit der Unterstützung von Frau Zenner und Frau Oehler.
Nachdem die fast 300 km an Busfahrt mehr oder weniger gut überstanden waren, stand der Besuch einer Plenarsitzung an. Nach dem obligatorischen Sicherheitscheck wurde uns dann auch direkt in den gewaltigen Reichstag am Platz der Republik Einlass gewährt, in dem wir schnell unsere Plätze im Plenarsaal einnahmen, um der dort hitzig geführten Debatte beizuwohnen. Die Themen an diesem Freitag waren unter anderem die Einführung eines Freibetrags bei der Grundsteuer, was von der FDP vorgeschlagen wurde, sowie die Herabsetzung von Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit, was von den Linken und den Grünen eingereicht worden war. Passenderweise betraf uns dies ja auch persönlich. Ähnlich wie im Landtag flogen auch hier Pro- und Contra-Argumente durch den Raum, die allerdings oft begleitet wurden von Zwischenrufen empörter und fassungsloser Abgeordneter aus allen Fraktionen.
Der zweite Teil der politischen Seite dieser Exkursion, das Abgeordnetengespräch mit Carsten Körber aus der CDU-Fraktion, folgte kurz danach. Dieser wollte, ganz der Politiker, gar nicht mehr aufhören, über seinen Werdegang, seine politische Laufbahn und seine Erfahrungen im Bundestag zu berichten. Seinen enthusiastischen Schilderungen setzte Frau Falk aber ein abruptes Ende, um zur Fragerunde voranzuschreiten, was ja unser eigentliches Ziel für dieses Gespräch war. Auch hier beantwortete Herr Körber ausführlichst die von Schülern und Lehrern gestellten Fragen, was einen sehr detaillierten Einblick gestattete in sein Leben als Politiker, sowohl im Wahlkreis in Zwickau als auch im Bundestag. Das Hauptaugenmerk legte er dabei auf seine negativen Erfahrungen mit der AfD-Fraktion. So meinte er unter anderem, dass durch diese zwar wieder angeregtere Diskussionen entstehen, sie würden aber auch den "Geist des Hauses" beschädigen, wie er es äußerst passend formulierte.
Nach einem kurzen Mittagessen im Paul-Löbe-Haus begann dann die geschichtliche Seite dieser Ausfahrt. Dabei besuchten wir das "Denkmal für die ermordeten Juden Europas", welches bekannt ist durch das auffällige dunkelgraue Stelenfeld. Doch zuerst wurden wir im unterirdischen Teil des Denkmals mit Hilfe von Audio-Guides mit dieser bedrückenden Thematik wieder etwas vertrauter gemacht, was an Einzelbeispielen von Personen oder Familien geschah. Daraufhin begaben wir uns in den oberirdischen Teil, dessen beengende und dunkle Atmosphäre hier leider nur schwer zu beschreiben ist. Deshalb, und weil die dafür vorgesehene Zeit nicht einmal annähernd ausreichend war, ist an dieser Stelle ein nochmaliger Besuch allein oder in kleiner Gruppe sehr empfehlenswert, um die gesamte furchteinflößende und bedenkliche Stimmung dieses außergewöhnlichen Denkmals voll aufgreifen zu können.
Nach dieser durchaus düsteren Episode stand dann endlich der Check-In im Motel-One, unserer Unterkunft für diese Nacht, an. Entgegen der meisten Erwartungen war dieses aber qualitativ sehr hochwertig, ja fast schon luxuriös eingerichtet und hatte eher den Anschein eines 5-Sterne-Hotels als einer preisgünstigen Unterkunft. Das lag wahrscheinlich an den vielen schwarzen Granit-Vertäfelungen, die jedem Raum eine Menge Eleganz verliehen.
Trotz des mehr oder weniger ergiebigen Schlafs und eines umfangreichen Frühstücks war bei vielen allerdings am nächsten Morgen schon die Luft raus, was den beiden noch folgenden Stationen sehr Unrecht tat. Die erste davon war eine Stadtführung per Bus, die von dem wahrscheinlich klischeehaftesten Berliner geführt wurde, den man organisieren konnte: nicht den Hauch von Emotionen, typische Berliner Schnauze und Witze so trocken, dass man sie sonst nur in Herr Seifferts Geschichtsunterricht vermutet hätte. Das hat aber nicht jeden Nerv getroffen, weswegen die gesamte Führung auch sehr unterschiedlich ankam.
Die zweite Station an diesem Tag war das Museum "The Story of Berlin", welches auf sehr kreative und zuweilen ungeordnete Weise die Geschichte und Entwicklung der Stadt wiedergibt. Von ihren Anfängen über die Zeit im Mittelalter und dem Kaiserreich, die NS-Zeit, den Kalten Krieg bis hin zum heutigen Stand wurden alle Etappen abgedeckt, sogar die Besonderheiten des alltäglichen Lebens miteinbezogen und dabei gekonnt mit Video- und Audiobereichen das ganze zum Leben erweckt. Direkt im Anschluss darauf stand auch schon der letzte Programmpunkt an: die Besichtigung eines alten Atomschutzbunkers. Diese dauerte zwar nicht sonderlich lang, gab aber einen guten Einblick in die mehr als dürftigen Verhältnisse in so einem Notquartier. Da er nur für maximal 3.500 Bewohner und zwei Wochen konzipiert ist, macht es ihn bei der Größe Berlins und den langanhaltenden Schäden eines tatsächlichen Atombombenangriffs faktisch sinnlos. So verwundert es nicht, dass Leichensäcke zur Grundausstattung dieses Bunkers gehörten und er auch nur zur Volksberuhigung gebaut wurde, auch wenn es bei uns eher Bestürzung als Beunruhigung verursachte.
Nachdem sich alle auf irgendeine Weise wieder in den Bus schleppen konnten, stand auch schon unsere Heimreise an.
Obwohl an vielen Stellen die Zeit zu begrenzt war, war dieser Ausflug mehr als aufschlussreich und hat viele politische und historische Facetten dieser gigantischen Stadt zum Vorschein gebracht. Dafür an dieser Stelle noch einmal ein großer Dank an Frau Falk und alle Beteiligten für dieses tolle Erlebnis und die Möglichkeiten, die wir dadurch erhalten durften!
Luisa Müglitz und Fritz Raschke 10/1